Ecce Homo

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Lou

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Die Umwerthung

Finale

Der Untergang

Siechthum

Tod

 

Erstes Schreiben

Der Tagesablauf in Pforta ist geprägt von Disziplin, Regelmäßigkeit, fleißigem Lernen und Abgeschlossenheit. Nietzsche gewöhnt sich nur schwer an das neue Leben in Pforta und sehnt sich nach der heimatlichen Welt seiner Familie und Freunde. Die vielen Briefe an die Mutter und Schwester zeigen, daß Nietzsche die Verbindung zur Naumburger Welt intensiv pflegt.

Die Ferien und Feiertage verbringt Nietzsche zumeist in NaumburgNaumburg - Weingarten, anläßlich der sogenannten 'Bergtage' (regelmäßige Ausflugstage in Pforta) trifft sich Nietzsche mit seiner Mutter und Schwester häufig in Almrich (das Dorf Altenburg), einem bekannten Ausflugsort zwischen Pforta und Naumburg. Nietzsche ist ein sehr guter Schüler, der sich neben dem Schulstoff nach und nach eine eigene geistige Welt aufbaut, in der Literatur und Musik einen zentralen Stellenwert einnehmen. Nietzsche benötigt jedoch den Gedankenaustausch über seine geistigen Erfahrungen und seine eigenen Werke, ob Gedichte oder Kompositionen, die Ergebnisse einer sich steigernden Schöpferkraft sind. Einerseits löst Nietzsche dieses Bedürfnis nach Selbstklärung dadurch, daß er beginnt, Tagebuch zu schreiben. Daneben bildet die Freundschaft zu Gustav Krug und Wilhelm Pinder den stärksten Rückhalt und sein wichtigstes Forum.

"Semper nostra manet amicitia" - "Immer währet unsere Freundschaft", so enden viele Briefe, die Nietzsche aus Pforta an seine beiden Freunde schreibt. Wie sehr gerade die Kunst das entscheidende Motiv dieses Freundschaftsbundes ist, zeigt die Gründung des künstlerisch-literarischen Vereins 'Germania', den die drei Freunde anläßlich einer Wanderung zur Schönburg in den Sommerferien am 25. Juli 1860 ins Leben rufen. Eine gemeinsame Kasse zum Erwerb ausgewählter Literatur wird eingerichtet, daneben verpflichten sich die drei Freunde regelmäßig selbstgeschaffene Werke auszutauschen und sich gegenseitig anzuregen und aufrichtig zu kritisieren. Nietzsche würdigt diesen Bund später mit den Worten: "Wir beschlossen damals eine kleine Vereinigung von wenigen Kameraden zu stiften, mit der Absicht, für unsere produktiven Neigungen in Kunst und Literatur eine feste und verpflichtende Organisation zu finden" ('Über die Zukunft der Bildungsanstalten, 1. Vortrag').

Nietzsche verdankt der Nietzsche als Konfirmand'Germania', vielmehr Gustav Krug, die intensive Beschäftigung mit Richard Wagner. Schon bei der Gründung der 'Germania' wurde beschlossen, die `Zeitschrift für Musik´, die für Richard Wagner und seine Musik eintrat, zu abonnieren. Im März 1861 hält Gustav Krug einen Vortrag über 'einige Szenen von Tristan und Isolde' und spielt in den Osterferien aus den Klavierauszügen vor. Nietzsche beschäftigt sich nicht nur als Komponist mit der Musik, sondern begleitet sein eigenes Schaffen mit theoretischen Überlegungen 'Über das Wesen der Musik'. Der zunächst rege geistige Austausch unter den Freunden erlahmt jedoch schon bald, einzig Nietzsche liefert bis zur Auflösung der 'Germania' 1863 regelmäßig seine Aufsätze, Gedichte und Kompositionen.

Grund der Auflösung ist ganz bestimmt der rigorose und spöttisch-hochmütige Umgang Nietzsches mit den Werken seiner Freunde. Nietzsche läßt besonders an den Gedichten Wilhelm Pinders kein gutes Haar. Über ein 'Prometheus' Gedicht heißt es vernichtend: "Was diese wahrhaft babylonische Begriffsverwirrung für Gedanken im Hintergrund hat, ist mir ein Rätsel, wie der Sinn des folgenden Gedichts."

Neben dieser FreundschaftsweltCarl v. Gersdorff, die ab 1862 zu bröckeln beginnt (inzwischen hat Nietzsche in Pforta mit Carl von Gersdorff und Paul Deussen neue Freunde gefunden, die anscheinend seinen geistigen Ansprüchen eher entsprechen), bietet natürlich das behütende Mutterhaus die Gegenwelt zu der reinen Männerwelt des Internats. Nietzsche, der anscheinend schon in Pforta häufig kränkelte, wird so z.B. im Februar 1861 für längere Zeit von der Mutter zur Genesung nach Naumburg geholt. Naumburg ist für Nietzsche der Ort der Ruhe und Schonung von den Ansprüchen, Erschöpfungen, Krisen und Kämpfen außerhalb dieses Schutzraumes. Nietzsche wird aus diesem Grund immer wieder nach Naumburg zurückkehren. Am 7. September 1864 endet Nietzsches Schulzeit mit der erfolgreich abgeschlossenen Reifeprüfung. Mit seinem Freund Deussen verbringt er noch zwei Wochen in Naumburg, bevor sie Richtung Bonn aufbrechen, um dort gemeinsam ihr Studium aufzunehmen.


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