Ecce Homo

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Tod

 

Tod

Drei Tage nach seinem Tod in Weimar findet am 28. August 1900 (der Geburtstag Goethes) nachmittags 4 Uhr die Bestattung Friedrich Nietzsches in Röcken im Schatten der Dorfkirche neben dem Grab seines Vaters und Bruders statt. Der Dorfpfarrer war nicht zu der großangelegten Trauerfeierlichkeit zugegen. Er zog es vor dienstlich abwesend zu sein. Im Kirchenbuch vermerkt er in der Spalte 'Stand und Confession des Verstorbenen': "In Röcken geboren am 15. Oktober 1844 als Sohn des damaligen Pfarrers Nietzsche und sonach evangelisch, nach seinen philosophischen Werken aber antichristlich". Der Pfarrer fühlt also aus seiner Warte eindeutig den Zwiespalt, den das insgesamt doch würdige und aufwendige Begräbnis ausmacht und hatte erst nach Zögern dem Begräbnis und dem Glockengeläut zugestimmt. Eine Einsegnung war dann für ihn des Guten, bzw. Schlechten zuviel. Ob Nietzsche ein Begräbnis zu Fuße einer Kirche und begleitet von Glockengeläut wohl zugestimmt hätte? Der Freund Nietzsches, der Basler Professor Franz Overbeck, war durch den Zufall verlorengegangener Post nicht anwesend - er hätte aber bestimmt nur widerwillig an dieser aus christlichen und Zarathustra - Elementen zusammengestückelten Veranstaltung teilgenommen.

Auffällig auch, daß die Schwester Elisabeth hier das Wort nicht ergreift, obwohl sie selbstverständlich die Feier initiierte und plante. Es entbehrt jedoch nicht einer Art unbewußter Ironie, daß Friedrich Nietzsche, der Unzeitgemäße, der große Spötter ausgerechnet im Schatten einer Kirche liegt. Zugleich hat die Abgelegenheit des kleinen Ortes Röcken Nietzsche davor bewahrt, für massenhaft pilgernde Jünger zu einem Götzenbild zu werden. Das Programm der Trauerfeier hatte folgenden Ablauf:


1. Geläute der alten Glocken (die ihm schon zur Geburt, dem Vater zum frühen Tode erklungen waren)
2. Gesang eines Männerchores
3. Rede von Oberbürgermeister Dr. Adalbert Oehler (jetzt Oberbürgermeister in Halberstadt)
4. Männerchor
5. Abschiedsworte: Prof. Max Heinze, Carl v. Gersdorff, Dr. Carl Fuchs
6. 'Bekenntnis' von Heinrich Köselitz (Pseudonym: Peter Gast)
7. Männerchor
8. Abschiedsworte aus der Trauergemeinde (alles Zarathustra-Zitate), dann schloß sich die Gruft unter einer mächtigen Platte, wie Nietzsche sie dem Grab des Vaters gestiftet hatte.

Grab in Röcken

1935 wird auch Elisabeth-Förster Nietzsche in Röcken beerdigt. Die selbsternannte Nachlassverwalterin des Werkes ihres Bruders drängt sich dabei förmlich in der Mitte zwischen Bruder und Vater - die letzte selbstherrliche Respektlosigkeit der Schwester, des 'Lamas', wie Friedrich Nietzsche einst seine Schwester bezeichnete.



Hyperions Schiksaalslied


Ihr wandelt droben im Licht

Auf weichem Boden, seelige Genien!

Glänzende Götterlüfte

Rühren euch leicht,

Wie die Finger der Künstlerin

Heilige Saiten.



Schiksaallos, wie der schlafende

Säugling, athmen die Himmlischen;

Keusch bewahrt

In bescheidener Knospe,

Blühet ewig

Ihnen der Geist,

Und die seeligen Augen

Bliken in stiller

Ewiger Klarheit.



Doch uns ist gegeben,

Auf keiner Stätte zu ruhn,

Es schwinden, es fallen

Die leidenden Menschen

Blindlings von einer

Stunde zur andern,

Wie Wasser von Klippe

Zu Klippe geworfen,

Jahr lang ins Ungewisse hinab.




Ecce Nietzsche


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