Nachruf an Nietzsche (Gedicht - R. Dehmel)

Nachruf an Nietzsche Und es kam die Zeit, daß Zarathustra abermals aus seiner Höhle niederstieg vom Berge; und viel Volkes küßte seine Spuren. Der Jünger aber, der ihn liebte, stand von ferne, und der Meister kannte ihn nicht. Und der Jünger trat zu ihm und sprach: Meister, was soll ich tun, daß ich selig werde? Zarathustra aber wandte sich und schaute hinter sich, und seine Augen wurden fremd, und gab zur Antwort: Folge mir nach! Da ward der Jünger sehend und verstand den Meister: folgte ihm und verließ ihn. Als er aber seines Weges wanderte, wurde er traurig und sprach also zu seiner Sehnsucht: Warlich, Viele sind, deren Zunge trieft vom Namen Zarathustras, und im Herzen beten sie zum Gotte Tamtam; allzu früh erschien er diesem Volk. Seinen Adler sahen sie fliegen, der da heißt der Wille zur Macht aber die Kleinen; und seine Schlange nährten sie an ihrer Brust, die Schlange Klugheit. Aber seiner Sonne ist ihr Auge blind, die da heißt der Wille zur Macht über den Einen: den Gott Ich. Wiedergeburten feiern sie und Wiedertaufen aller Götzen, aber Keiner wußte noch sich selber zu befruchten und seinem Samen jubelnd sich zu opfern. Der Du Deinen Opferwillen lehrtest, fahr denn wohl! gern hätt ich dir dein letztes Wort vom Mund geküßt, du lächelnder Priester des fruchtbaren Todes. Aber wir leben, und mancher Art sind die Sonnenpfeile und Blumengifte des fruchtbaren Todes. Weh, daß dein Jünger dir zu spät erschien! -



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