Ecce Homo

Der Aufstieg

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Professur

Der junge Professor

Richard Wagner

1870/71 - Sanitätsd...

Werde, der du bist

Freunde und Frauen

Abschied

Der Wanderer

Heimatlos

Lou

Zarathustra

Die Umwerthung

Finale

Der Untergang

Siechthum

Tod

 

Freunde und Frauen

Die Baseler Jahre sind nicht nur von einer enormen schriftstellerischen Produktivität und der universitären Pflichterfüllung geprägt, sondern Nietzsche macht auch einige für sein Leben wichtige Bekanntschaften.

Neben Heinrich Köselitzder bereits erwähnten Freundschaft mit Franz Overbeck lernt Nietzsche in Basel Heinrich Köselitz kennen, der später gleichsam Nietzsches Sekretär und Mitwanderer werden wird. Nietzsche wird ihm später vorschlagen, den schwer aussprechbaren Namen zugunsten des Pseudonyms Peter Gast zu ändern, was Köselitz annehmen wird. Der Leipziger Heinrich Köselitz war aus Bewunderung für Nietzsches Schriften als Student nach Basel gekommen, um Nietzsche leibhaftig als Redner hören zu können. Dieser gleichsam erste 'Jünger' wird Nietzsche bis zum Lebensende ein unermüdlicher Helfer sein - nach Nietzsches Zusammenbruch wird er die erste (auf Widerstand von Elisabeth hin leider eingestampfte) Gesamtausgabe der Werke Nietzsches editieren und über die Mitarbeit im Nietzsche-Archiv seinem 'Meister' verbunden bleiben. Besonders seine Fähigkeit, Nietzsches unleserische Handschrift zu entziffern, macht ihn zu einem nützlichen Helfer.

Schon Paul Réeim Frühjahr 1873 lernt Nietzsche über seinen Jugendfreund Heinrich Romundt dessen Studienfreund Paul Rée kennen, der nach Basel kam, um Nietzsches Vorlesungen zu den vorsokratischen Philosophen zu hören. Zwei Jahre später wird Nietzsche nach Lektüre des von Rée verfaßten Aphorismenbandes 'Psychologischen Betrachtungen', diesem im Oktober 1875 einen Brief schreiben, in dem er Rée ausdrücklich für dieses Buch lobt. Rée schreibt nach Erhalt dieses Briefes unmittelbar an Nietzsche zurück: "Erst von heute an fasse ich volles Zutrauen zu mir selbst." Damit beginnt eine Freundschaft, die für Nietzsche von enormer Bedeutung ist. Rée wird großen Einfluß auf Nietzsches geistige Entwicklung weg von metaphysischen Zusammenhängen hin zur Psychologie haben. Nietzsche redet ironisch von 'Réealismus'.

Den Winter 1876/77 verbringt Nietzsche, dem von Küstenlinie bei Sorrentder Universität Basel aufgrund permanenter Krankheitsanfälle (Kopfschmerzen, Übelkeit und Augenschmerzen) ein Urlaubssemester zugestanden wurde, mit Rée in Sorrent bei Neapel. Gemeinsam lesen sie philosophische und literarische Werke der Weltliteratur und diskutieren und schreiben, planen euphorisch ein "modernes Kloster, Idealkolonie, université libre" oder die Verheiratung Nietzsches mit einer vermögenden Frau. So wäre der endgültige Abschied von der Universität möglich. Während dieses Winteraufenthalts vollzieht Nietzsche eine Art geistiger Kehre - das Produkt dieser Neuorientierung wird der 1878 erschienene Aphorismenband 'Menschliches, Allzumenschliches' sein. Bezeichnend ist, daß die letzte Zusammenkunft Nietzsches mit Richard Wagner genau während dieses Italienaufenthalts stattfindet und Wagner seinen einstigen Bewunderer Nietzsche ausdrücklich vor Rée warnt, dessen wachsenden Einfluß Wagner intuitiv spürt. Die Freundschaft mit Rée, wird 1883 traurig aufgrund der Eifersucht um die sowohl von Nietzsche wie von Rée geliebte Lou Salomé enden. Das ist eine spätere Episode.

Den Winter 1876 /77 verbringen Nietzsche Malwida von Meysenbug und Olga Monodund Rée auf Einladung von Malwida von Meysenbug in Sorrent in der von ihr gemieteten Villa Rubinacci. Sie lebte ihrer angeschlagenen Gesundheit wegen vornehmlich in Italien und schlug Nietzsche vor, auch seiner Gesundheit zuliebe einmal einen längeren Urlaub in Italien zu verbringen Bei der Grundsteinlegung des Bayreuther Festspielhauses 1872 hatte Malwida von Meysenbug, die zu diesem Zeitpunkt 56 Jahre alt war und zum Wagnerkreis gehörte, den achtundzwanzigjährigen Philosophen Friedrich Nietzsche kennengelernt. Sie war die Autorin der 'Memoiren einer Idealistin', lebenserfahren, vermögend und wurde Nietzsche lange Zeit zu einer mütterlichen Freundin. Eine Verständigung zwischen Nietzsche und Wagner gelang ihr nicht. Von Bedeutung wird Malwida von Meysenbug im Frühjahr 1882, da sie die Erste ist, die Nietzsche auf eine junge außergewöhnliche Russsin mit Namen Lou Salomé aufmerksam macht. In Rom, wo Malwida von Meysenburg, einen Salon unterhält, wird Nietzsches die junge Russin Lou Salomé zum ersten Mal treffen.

Eine weitere Bewunderin lernte Nietzsche im Herbst 1874 in Marie Baumgartner kennen. Der Kontakt kam über ihren Sohn Adolf (1855-1930) zustande, der Griechisch bei Nietzsche studierte und dem augenschwachen Professor als Vorleser und Schreiber diente. Die hochgebildete und literarisch interessierte Frau eines Fabrikanten wohnte im nahegelegten badischen Lörrach. Dort besucht sie Nietzsche regelmäßig, nachdem seine Besuche in Tribschen sich erledigt hatten. Wichtig ist Marie Baumgartner auch, weil Sie Nietzsches erste Übersetzerin ist. Sie übersetzte zwei von Nietzsches Unzeitgemäßen Betrachtungen ins Französische: Schopenhauer als Erzieher und Richard Wagner in Bayreuth. 1877 erschien Richard Wagner à Bayreuth, die erste Wurzel eines internationalen Erfolges.

Ein Kapitel darf nicht unerwähnt bleiben: Nietzsches unbeholfenes Vorgehen bei der Suche nach einer geeigneten Partnerin. Nietzsche, Mathilde Trampedachder häufiger Gast im Hause Wagner war, hatte hier gleichsam das leuchtende Vorbild, was eine Frau einem von seinen Aufgaben als Genie geforderten Mann sein konnte. So wurde ihm auch genau von dieser Seite empfohlen, sich eine Frau zu suchen. So macht er im Frühjahr 1876 anläßlich eines Erholungsurlaubs am Genfer See im Hause des Musikers Heinrich von Senger die Bekanntschaft mit dessen Klavierschülerin, der Holländerin Mathilde Trampedach. Dieser macht er am 11. April 1876 nach wenigen gemeinsamen Stunden und einem längeren Spaziergang unvermittelt einen schriftlichen Heiratsantrag: "Nehmen Sie allen Mut Ihres Herzens zusammen, um vor der Frage nicht zu erschrecken, die ich hiermit an Sie richte: Wollen Sie meine Frau werden? Ich liebe Sie und mir ist es, als ob Sie schon zu mir gehörten. Kein Wort über das Plötzliche meiner Neigung!" Gleichzeitig kündigt er ihr an, daß er in dem Moment, in welchem sie den Brief ausgehändigt erhält, schon aus Genf abgereist sein wird. Die zweiundzwanzigjährige Mathilde erschrickt wohl zu Recht über dieses kuriose Verhalten und lehnt den Antrag ab. Sie wird später die Frau Heinrich von Sengers. Während des Aufenthaltes in Sorrent im Winter 1876/77 wird unter Mitwirkung Malwida von Meysenbugs das Heiratsprojekt erneut durchdacht, verschiedene eventuelle Partnerinnen gewogen und schließlich für zu leicht befunden. Nietzsche schreibt hellsichtig im Juni 1877: "Die Verheiratung, sehr wünschenswert zwar, - ist doch die unwahrscheinlichste Sache, das weiß ich sehr deutlich!" Nur einmal noch denkt Nietzsche über eine engere Verbindung mit einer Frau nach - aber auch Lou Salomé wird später auf Nietzsches Antrag negativ reagieren.


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