Ecce Homo

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Meer und reiner Himmel

Im Herbst 1880 reist Nietzsche nach Italien - er plantGenua, alte Stadtansicht, an der ligurischen Küste in Genua zu überwintern. Die Erinnerung an Sorrent und das günstige Mittelmeerklima spielte gewiß eine Rolle bei der Entscheidung für das klimatisch begünstigte Genua. Nietzsche plant dabei, sich vollkommen in die Einsamkeit zurückzuziehen, um geistig arbeiten zu können: "Ich will mein eigener Arzt sein, und dazu gehört bei mir, daß ich mir selber im Tiefsten treu bin und auf nichts Fremdes mehr hinhöre. Ich kann nicht sagen, wie sehr die Einsamkeit mir wohl thut! (...) nur so kann ich mich selber in jedem Sinne fördern (und zuletzt vielleicht auch Andern nützlich werden)." schreibt Nietzsche am 24. November 1880 aus Genua nach Naumburg.

Die erste Morgenröthe - TitelbildPhase der Wanderjahre Nietzsches ist vorbei - mit dem dreimonatigen Aufenthalt in Genua beginnt Nietzsche, sein Leben nach einem festen Programm zu organisieren: Nietzsche wird es sich nun zur Gewohnheit machen, den Winter am Mittelmeer bei südlicherer Sonne zu verbringen. Nietzsches innere Lage wird von Widersprüchen beherrscht. Aus Stresa am Lago Maggiore, kurz bevor er in Genua ankommt, offenbart Nietzsche seinem Freund Franz Overbeck seine Gefühle: "Wahrscheinlich habe ich den Kopf zu voll von anderen Gedanken, und diese bringen es mit sich, daß ich mir zehnmal jedes Tages zurufe 'was liegt an mir!' (Dies ist die Art, mir Muth zu machen.) Ich weiß nämlich sehr oft nicht, wie ich meine Schwäche (an Geist und Gesundheit und anderen Dingen) und Stärke (im Schauen von Aussichten und Aufgaben) mit einander ertragen könne." Nietzsche empfindet sich gleichsam beseelt von einer höheren Aufgabe - dieses in den schlimmsten Krankheitsstunden entwickelte Selbstverständnis "was liegt an mir" wird Nietzsche alle noch folgenden Krisen überwinden helfen. Vorgeprägt ist damit schon die Haltung und Einsicht in den alles überwindenden 'amor fati', die er später in der 'Fröhlichen Wissenschaft' formulieren wird.

Nietzsche wird auch in Genua von Krankheitsanfällen heimgesucht, gleichzeitig erlebt er Tage der Ruhe: "Wenn die Sonne scheint, gehe ich immer auf einen einsamen Felsen am Meer und liege dort im Freien unter meinem Sonnenschirm still wie eine Eidechse; das hat mehrere male meinem Kopfe wieder aufgeholfen. Meer und reiner Himmel!" Nietzsche setzt in Genua seine Arbeiten an der 'Morgenröthe' fort. Um die Korrekturarbeiten an diesem Werk mit Köselitz zu besprechen, reist Nietzsche Anfang Mai nach Recoaro bei Vicenza. Hier verbringt er zwei Monate mit seinem Helfer Heinrich Köselitz, für den er an diesem Ort das Pseudonym Peter Gast erfindet. Gesundheitlich stellt sich Recoaro aber als ein totales Desaster für Nietzsche heraus, Nietzsche schreibt an Köselitz nach dessen Abreise nach Venedig: " (...) das schöne Recoaro ist eine Hölle für mich gewesen, ich bin immer krank, und kenne keinen Ort der so ungünstig mit seinem beständigen Wetter-Umschlagen auf mich wirkte. (...) Ich zerbreche mir den Kopf und finde nichts als den Versuch mit dem Engadin zu wiederholen. (...) Ich bin ein gemartertes Thier und lechze nach einiger Schmerzfreiheit." Nietzsches Reise in den Engadin wird ihn nach Sils Maria führen, ein für Nietzsche entscheidender Fund-Ort!

Recoaro


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