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1870/71 - Sanitätsd...

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Abschied

Der Abschied von Basel ist kein plötzlicher, Münsterplatz in Baselsondern in Schritten hat er sich schon früh abgezeichnet. Vordergründiges Hauptmotiv ist Nietzsches Gesundheitszustand, der sich mit den Jahren stets verschlimmert und ihn immer wieder zu Unterbrechungen seiner Vorlesungs- und Unterrichtstätigkeit zwingt. Nimmt Nietzsche sich anfangs nur Tage Urlaub von seinen universitären Verpflichtungen, so werden nach und nach aus den Tagen Wochen und schließlich ab 1876 ganze Semester, die Nietzsche fern von Basel verbringt. Kopfschmerzanfälle, Verdauungsprobleme, Erbrechen, Augenschmerzen - eine Liste unterschiedlichster Beschwerden zieht sich durch Nietzsches Briefe. Immer wieder ist von Unwohlsein die Rede, teilweise liefert Nietzsche ganze Krankenberichte in seiner Korrespondenz. Vorlesungen, so berichten Schüler, kann er nur in abgedunkelten Räumen halten, er macht Ernährungs- und Bäderkuren, um sich zu heilen. Dazu kommen Depressionen.

Trinkhalle eines KurbadesNietzsche empfand seit Beginn seiner Baseler Professur mehr Zwang als Lust an den universitären Verpflichtungen. Nietzsche hatte verschiedene Fluchtgedanken durchgespielt, sich aber letztlich nicht entscheiden können, die Universität und die Arbeit am Pädagogium zu verlassen. Schließlich konnte sich Nietzsche einer Entscheidung gegen Basel nicht mehr entziehen - sein Gesundheitszustand machte eine Zäsur unausweichlich. Mitte Oktober 1878 beginnt Nietzsches letztes akademisches Semester, trotz wiederholten krankheitsbedingten Ausfalls von Veranstaltungen, kämpft sich Nietzsche gleichsam durch sein universitäres Programm. Doch ab Januar 1879 nehmen die physischen und psychischen Beschwerden so zu, daß es immer häufiger zum Ausfall von Veranstaltungen kommt.

Während der Frühlingsferien in Genf wird Nietzsche klar, daß er Basel unter allen Umständen verlassen muß, will er überhaupt noch einmal auf die Beine kommen. An Overbeck steigert er sich am 3. April 1879 in eine regelrechte "Basileophobie, eine wahre Angst und Scheu vor dem schlechten Wasser, der schlechten Luft, dem ganzen gedrückten Wesen dieser unseligen Brutstätte meiner Leiden", wobei er sich auf pseudo-wissenschaftliche Untersuchungen zu stützen versucht. So schreibt er kurze Zeit später: "Ich habe Urtheile aller Stände aus den verschiedensten Gegenden der Schweiz: man stimmt überein, daß Basel eine schlecht drückende, zu Kopfleiden disponierende Luft habe." Nach seiner Rückkehr kommt es schlimmer als je.

Nietzsche richtet am 2. Mai, fast genau 10 Jahre nach Antritt seiner Professur, offiziell sein Entlassungsgesuch an Carl Burckhardt, den Regierungspräsidenten von Basel: "Hochgeachteter Präsident! Der Zustand meiner Gesundheit, derentwegen ich schon mehrere Male mich mit einem Gesuche an Sie wenden mußte, läßt mich heute den letzten Schritt tun und die Bitte aussprechen, aus meiner bisherigen Stellung als Lehrer an der Universität ausscheiden zu dürfen. Die inzwischen immer noch gewachsene äußerste Schmerzhaftigkeit meines Kopfes, die immer größer gewordene Einbuße an Zeit, welche ich durch die zwei- bis sechstägigen Anfälle erleide, die von neuem (durch Hrn. Schiess) festgestellte erhebliche Abnahme meines Sehvermögens, welches mir kaum noch zwanzig Minuten erlaubt ohne Schmerzen zu lesen und zu schreiben - dies Alles zusammen drängt mich einzugestehen, daß ich meinen akademischen Pflichten nicht mehr genügen, ja ihnen überhaupt von nun an nicht nachkommen kann, nachdem ich schon in den letzten Jahren mir manche Unregelmäßigkeit in der Erfüllung dieser Pflichten, jedes Mal zu meinem großen Leidwesen nachsehen mußte."

Nietzsche löst Mitte Mai mit Hilfe der angereisten Schwester seine letzte Wohnung in Basel auf und reist in den Kurort Schloß Bremgarten bei Bern - ein neuer Lebensabschnitt hat für Nietzsche begonnen, die Jahre als wandernder heimatloser Philosoph. Nun ist er auf der ständigen Jagd nach einem Ort, an dem es ihm sein Zustand wenigstens für kurze Zeit erlaubt zu philosophieren und zu schreiben.

Am 14. Juni erteilt der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt Friedrich Nietzsche die Entlassungsurkunde. Nietzsches, der nun 35 Jahre alt ist, erhält eine Pension von 3000 Franken pro Jahr. Er lebt zunächst zurückgezogen in verschiedenen Alpenkurorten, bald wird er den Engadin als den ihm am meisten zuträglichen Ort entdecken. Als Postadresse gibt er an "...Friedrich Nietzsche, ehemals Professor jetzt 'fugitivus errans'.

Friedrich Nietzsche


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